Beweisverwertungsverbote im Verkehrsrecht

In bestimmten Fällen hat der Strafverteidiger die Möglichkeit, Beweisverwertungsverbote ins Feld zu führen und eine Verurteilung auf dieser Basis zu verhindern. Denn eine Verurteilung kann nicht auf Beweise gestützt werden, die einem Beweisverwertungsverbot unterliegen.

Aus verfassungsrechtlicher Sicht stellt das Beweisverwertungsverbot die Ausnahme von der Regel dar. Denn es hindert die Strafverfolgungsbehörden an einer materiell richtigen Entscheidung. Wenn jedoch die Mindestanforderungen an einen fairen Prozess nicht mehr gewährleistet sind, ist auch aus verfassungsrechtlicher Sicht ein Beweisverwertungsverbot geboten.

Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass die Entscheidung gegen oder für ein Verwertungsverbot aufgrund einer Abwägung der im Rechtsstaatprinzip angelegten gegenläufigen Gebote und Ziele zu treffen ist. Der Strafverteidiger hat also eine Abwägung vorzunehmen und zu prüfen, ob im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot eingreift und hat es dem Gericht gegenüber entsprechend zu begründen. Für das Gericht fallen dabei der Gewicht des Verfahrensverstoßes sowie die Erwägung, „keine Wahrheitsforschung um jeden Preis“ ebenso ins Gewicht. Andererseits muss auch der Gesichtspunkt der materiellen Gerechtigkeit mitberücksichtigt werden. Ein Verstoß einer Vorschrift, die dem Schutz des Beschuldigten dient, liegt ein Verwertungsverbot nah. Darauf sollte der Strafverteidiger achten. Bei besonders gravierenden Verfahrensverstößen oder bei willkürlichen Verstößen ist von einem Beweisverwertungsverbot auszugehen. Auch darauf hat der Strafverteidiger besonders zu achten.

Besonders interessant ist für den Fachanwalt im Verkehrsrecht sowie für den Strafverteidiger in Bussgeldsachen, dass diese Grundsätze und insbesondere auch der Nemur-tenetur Grundsatz auch in Bussgeldsachen gilt. Der Grundsatz besagt, dass niemand sich selbst belasten muss. Er folgt aus § 136 Abs. 1 S. 2 StPO.

An dieser Stelle ist es für den Strafverteidiger wesentlich zu beachten, dass dieser Grundsatz in einigen Fällen disponibel ist. Das bedeutet, dass der Beschuldigte der Verwertung widersprechen muss. Wenn er nicht widerspricht, ist eine Verwertung möglich. Der Strafverteidiger muss diese sog. Widerspruchslösung des BGH beachten und im Prozess entsprechend handeln.

I. Durchsuchungsmaßnahmen  

Auch bei Ordnungswidrigkeiten sind Durchsuchungsmaßnahmen gesetzlich vorgesehen gem. § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 102, 103 StPO. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und eine Abwägung im konkreten Fall vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind: Schwere der Tat, Inhalt und Umfang der Anordnung, Voreintragungen des Betroffenen im Fahreignungsregister usw.

II. Das Aussageverweigerungsrecht

Gem. § 136 Abs. 1 S. 2 StPO muss der Beschuldigte darauf hingewiesen werden, dass es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zum Tatvorwurf zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und einen Verteidiger zu konsultieren. Das gilt nach § 163 a Abs. 4 S. 2 StPO auch bei der Vernehmung durch einen Polizeibeamten.

Wenn jemand erklärt, von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen, dürfen keine weiteren sachaufklärenden Fragen gestellt werden.

Trifft ein Polizeibeamter einen alkoholisierten Menschen in einem beschädigten Fahrzeug an, muss er ihn vorab als Beschuldigten belehren. Macht er von seinem Schweigerecht Gebrauch, dürfen keine weiteren Sachaufklärenden Fragen gestellt werden. Werden weitere sachaufklärende Fragen trotz der Erklärung, vom Schweigerecht Gebrauch zu machen, gestellt, dürfen die Angaben nicht verwertet werden. Sie unterliegen einem Beweisverwertungsverbot. Darauf hat der Strafverteidiger zu achten.

III. Blutproben

Das Entnehmen von Blutproben stellt nach dem Bundesverfassungsgericht keinen so schwerwiegenden Eingriff in die körperliche Unversehrtheit dar, dass von Verfassungs wegen ein Richtervorbehalt nötig wäre. Das Gesetz wurde jetzt entsprechend gelockert und die Entnahme von Blutproben steht nun originär der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungsbehörden zu.

Widerspruchslösung des BGH

Die Widerspruchslösung geht davon aus, dass der Beschuldigte der Verwertung in manchen Fällen widersprechen muss. Wenn er das unterlasse, so sei eine Verwertung möglich, so der Bundesgerichtshof. Der Widerspruch kann nur bis zu dem in § 257 StPO bezeichneten Zeitpunkt benannt werden. Das bedeutet, dass der Strafverteidiger oder der Angeklagte in der Hauptverhandlung spätestens im Anschluss an die Beweiserhebung abgeben muss, die sich auf den Inhalt der ohne die Belehrung getätigten Aussage bezieht. Der Strafverteidiger muss hier also besonders wachsam sein. Wenn der Angeklagte in der Hauptverhandlung keinen Strafverteidiger hat, gilt das Verwertungsverbot, wenn der Angeklagte vom Richter nicht darüber belehrt wurde, dass der Angeklagte der Verwertung der bei der Polizei gemachten Angabe widersprechen könne.

Die Widerspruchslösung ist auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren anzuwenden.

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