Strafverfahren und seine besondere Belastung auf die Psyche

Mit diesem Beitrag möchten wir uns heute einem Thema widmen, dass unserer Meinung im Strafverfahren viel zu kurz kommt: Die besondere Belastung der Psyche durch ein eingeleitetes Strafverfahren.

Wie fühlt ein Betroffener sich, der erstmalig eine polizeiliche Vorladung in den Händen hält? Wie hat es sich für ihn angefühlt, die Post zu öffnen und darauf zu lesen „Beschuldiger eines Strafverfahrens- kommen Sie dann und dann zur Polizei“. Was geht in einem solchen Menschen vor, wenn er die Tat tatsächlich begangen hat und was geht in ihm vor, wenn er die Tat nicht begangen hat? Warum gibt es keine kostenlose, unproblematische Erstanlaufstelle für Menschen, die zu Unrecht oder zu Recht mit einem Strafverfahren überzogen werden?

Jeder kann einer Straftat bezichtigt werden, wirklich ausnahmslos JEDER. Warum gibt es keine Beratungsstelle, die den Menschen zuhört, kostenlos, ohne Rechtsrat aber mit weiterführenden Hinweisen zur Erlangung emotionaler Stabilität. Mit Unterstützung psychischer Art, mit der Nennung von Beratungsstellen, wenn man sich durch die Situation total überfordert fühlt.

Denn man möge sich nur exemplarisch folgendes Beispiel vor Augen führen: Der A ist ein völlig lieber Mann, der sich gut und gerne um seine Kinder kümmert. Seine Frau sieht das jedoch anders, lässt sich scheiden und befindet den Kontakt zu A für die Kinder als nicht für gut. Deswegen bezichtigt sie ihn einer Straftat gegenüber der Kinder. Der A , bisher nicht vorbestraft, erhält völlig unerwartet eine Vorladung durch die Polizei und soll nun als Beschuldigter in einem Strafverfahren gegen seine eigenen Kinder vernommen werden. Natürlich kann er sich einen Anwalt nehmen, vielleicht hat er hierzu sogar genug Geld. Aber wer hilft ihm, wenn er mit der Situation völlig überfordert ist und sich keinen Anwalt leisten kann und kein Fall der Pflichtverteidigung vorliegt? Niemand.

Im Übrigen ist ein Strafverteidiger kein Psychologe und ist nur dafür ausgebildet, die juristische Angelegenheit zu klären- nicht zuständig und nicht ausgebildet ist er für die Sorge um das seelische Wohlbefinden seiner Mandanten. Aber gerade dieses wird durch ein eingeleitetes Strafverfahren am meisten tangiert. Oft ist es nicht das Urteil, das am Ende einen langen Strafprozesses steht, das den Beschuldigten belastet. Insbesondere in den Fällen des Freispruchs ist es nicht das Urteil, das den Beschuldigten belastet. Nein, oft und in vielen tausenden Fällen im Jahr ist es die bloße Einleitung des Strafverfahrens, das den Beschuldigten in seinen Grundfesten erschüttert und ihn zum Objekt eines rechtsstaatlichen Verfahrens macht, dessen Druck er auszuhalten hat- so verlangt es der Rechtssaat von ihm.

Wir teilen diese Auffassung nicht und sprechen uns dringend dafür aus, den Beschuldigten kostenlose und einfach zu erreichende Erstanlaufstellen zur Verfügung zu stellen, die den Beschuldigten psychologischen Halt geben. Denn es gilt auch in Deutschland noch immer der Grundsatz: bis zur rechtsstaatlichen Verurteilung ist davon auszugehen, dass kein strafbares Verhalten vorliegt. Dann aber hat der Beschuldigte auch einen Anspruch darauf, wie ein Unschuldiger Mensch behandelt zu werden und dazu gehört auch eine kostenlose Anlaufstelle für den psychischen Druck, den das Strafverfahren auf ihn auslöst.

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